Sea Cloud - Segeln auf der schönsten Wolke

Sea Cloud - Segeln auf der schönsten Wolke

Sea Cloud - Segeln auf der schönsten Wolke

 

Vor nunmehr vier Jahren brach ich meinen Vorsatz, niemals Fuß auf ein Kreuzfahrtschiff zu setzen und segelte auf der Sea Cloud II durch das Mittelmeer. Vor vier Jahren wurde mir dann auch der Unterschied klar zwischen der Masse an gewöhnlichen Kreuzfahrten, gegen die ich so meine Vorurteile pflegte, und der Klasse einer Sea Cloud II. Die damals entfachte Begeisterung für diesen Rahsegler brachte mich nun unweigerlich zurück, ohne Zögern, ohne Vorurteile, vielmehr mit Sehnsucht und Neugier. Es sollte dieses Mal das „Original“ dieser beiden majestätischen Windjammer sein, die Sea Cloud. Und es sollten meine Fragen und die der Leser nach den Unterschieden zwischen diesen beiden Kronjuwelen der Meere beantwortet werden. Doch dafür dürfte das Mittelmeer kaum ausreichen, die Segel wurden also in der Karibik gesetzt. Die Passatwinde und die konstant angenehmen Luft- und Wassertemperaturen machen die Karibik zu einem einzigartigen Segelrevier, jeden Tag, jede Stunde auf See atmet man die Freiheit unter Segeln. Ahoi.

 

Das Wiedersehen

Für den zweiwöchigen Karibiktörn unter dem Motto TROPISCHE INSELIDYLLEN, KOLONIALES FLAIR UND DIE VERSCHIEDENEN GESICHTER PANAMAS wartet die Sea Cloud in Barbados auf ihre Gäste zur Einschiffung. Über die Inseln Bequia, Grenada, Bonaire und Curaçao geht es über Kolumbien bis nach Panama und Costa Rica. Barbados erweist sich dabei als standesgemäß für ein Wiedersehen. Ein äußerst beliebtes Urlaubsziel für königliche Familien, Filmstars und andere Weltprominenz, wie die dort geborene Sängerin Rihanna. Doch für Papparazzi Bilder ist die Kameraausrüstung nicht gedacht, sondern für ein historisches Segelschiff im Hafen von Bridgetown. Und bei der Ankunft bietet sich sogleich ein beeindruckendes und überraschendes Motiv: Seite an Seite liegen beide Sea Clouds nebeneinander vor Anker in Erwartung ihrer Gäste. Der von der Crew in ihren schicken weiß-blauen Seemannsuniformen zum Check-in gereichte Champagner rundet diesen großen Augenblick in lauer karibischer Nacht ab. Doch die romantische Hafenbeleuchtung gibt nur wenig von dem Dreimaster preis und so steigt die Erwartung, endlich an Bord zu gehen. Noch ein kurzes Lächeln in die kleine Kamera für den Bordausweis, wenige Schritte das Fallreep hinauf, der erste Schritt auf das Teakdeck… und sofort zieht einen die magische Faszination dieser traditionellen Segelyachten wieder in ihren Bann.  

Stehendes und laufendes Gut sind hier noch beeindruckender als auf dem Schwesternschiff, die klassischen Edelhölzer noch dominanter, Mahagoni und Teak wohin das Auge blickt. Der individuelle Stil und Charakter der Viermastbark, geprägt durch die liebevolle zweijährige Hingabe von Marjorie Merriweather Post, der Ehefrau des Auftraggebers, wurde seit dem Stapellauf im April 1931 erhalten und erstrahlt seit der Renovierung im Jahr 2011 in hellstem Glanz. Da die ursprüngliche Privatyacht zu einem Luxushotel umgebaut wurde sind die einzelnen Kabinen etwas verteilt und auch sehr unterschiedlich im Charakter. Stilvoll elegant und behaglich modern wohnt man auf dem Lido- oder Promenadendeck in einer der 18 Außenkabinen, die behutsam in das Schiff integriert wurden. Maritimes Flair für Segelenthusiasten prägt die vier liebevoll restaurierten ehemaligen Offizierskajüten mit Ober-/Unterbett sowie einer Kabinentür, die direkt auf das überdachte Promenadendeck führt. Auf dem Hauptdeck befinden sich die unvergleichlichen Originalkabinen, darunter auch die beiden berühmten Eignersuiten, einst von Lady Marjorie mit erlesenem Geschmack eingerichtet und bewohnt. Egal welches Quartier man bezieht, der Service ist überall einmalig, begeistert mit täglichen kleinen Aufmerksamkeiten. Man fühlt sich wohl und freut sich, abends von sanften Schiffsbewegungen in den Schlaf gewiegt zu werden – obgleich man am liebsten an Deck ist.  

 

Logbuch eines Seetages

 

6:00 UHR - Das Morgenritual

Am frühen Morgen, möglichst kurz vor Sonnenaufgang, wenn alles noch ruhig ist, betritt man das Promenadendeck. Die frische Seeluft wirkt zu dieser Zeit wie Doping und während sich die Sonne am Horizont bereit macht, stärkt man sich auf Backbord beim „early morning service“ mit Kaffee, Tee, Minicroissant oder frischem Obst. Mit so einem kleinen duftenden Vorfrühstück sucht man sich ein schönes Plätzchen und genießt den Augenblick, beobachtet, wie sich die Sonne allmählich empor arbeitet, den Himmel erobert, ihre ersten Strahlen das Schiffsdeck erleuchten und schließlich ganz in dieses unvergleichliche Licht tauchen, das Fotografen so lieben. 

 

7:30 UHR - Take me to the horizon

 Nun ist die Crew an Deck versam-melt, um Segel zu setzen. Einen weite-ren dampfenden Frühstückskaffee in der Hand sitze ich auf einer der Bänke und beobachte das Manöver gespannt. Die Crew ist ein bunter Mix aus aller Herren Länder. Dass auch Frauen dabei sind ist ja nichts Ungewöhnliches, aber wie taff sie sein müssen zeigt sich so-fort, wenn  die braun gebrannten Crewmitglieder in ihren kurzen Hosen und blauen Shirts in die Wanten steigen und auf die Rahen klettern. In schwindelerregenden Höhen (der Großmast reicht bis 54m über Deck) werden die Segel gelöst, die sich nach und nach öffnen und sich im ka-ribischen Wind bauschen, um Ge-schwindigkeit aufzunehmen. „Unter vollem Zeug“, wie es unter Seglern heißt, bringt es die Sea Cloud mit ihren 30 Segeln auf zehn Knoten wobei kein Motor die Ruhe auf hoher See stört. Allmählich kommt die Crew wieder herunter, allen steht die Anstrengung ins Gesicht geschrieben, doch die Kom-mandos von Bootsmann Mamikon Akopyan gestatten noch keine Pause.„Up, Up, Up, more, more, more! To-gether!“, gefolgt von „Okay, okay, okay. It’s coming!“ ruft er seinen Leu-ten zu bis er zufrieden ist und die Segel perfekt ausgerichtet sind. In seiner Funktion ist Mamikon für die Zustände und Mannschaft an Bord verantwort-lich. Wenn er seine Sonnenbrille mal abnimmt, bucht er für Gäste auch gerne einen Tauchgang vor einer der Karibik-inseln und weiß genau, was zu tun ist, um auch in der Karibik für funktionie-rende „Zustände“ zu sorgen.

 

8:30 UHR - Das Ei des Kolumbus

Nach dem kleinen „Appetizer“ zum Sonnenaufgang kommt nun die Zeit für das richtige Frühstück, das man auf der Sea Cloud in vollen Zügen genießen kann. Ohne jeden Zeitdruck, kein Ter-min drängt, keine Arbeit ruft, auch kein Freizeitstress, den man sich ja sonst im Urlaub gerne selbst macht. Das Son-nendeck ist immer da – und so kann man sich den Müslis, exotischen Früch-ten, Lachs- und Eiervariationen voll-kommen hingeben. X ist dabei der un-angefochtene Herrscher über das Buffet. Er bereitet mit Expertise und gleichbleibender Ruhe und Freundlich-keit jegliche Variante an Eierspeise für jeden einzelnen der bis zu 50 Gäste aus den verschiedensten Ländern zu.

 

13:30 UHR - Alle Vorsätze über Bord

LUNCH TIME auf dem Prome-nadendeck. Trotz ausgiebigem Früh-stück will diesen weiteren Höhepunkt niemand missen. Dies liegt nicht an der Vielzahl an Gerichten, den edlen In-gredienzien oder irgendwelchen Show-effekten sondern einzig und allein an der Kreativität, der Leichtigkeit und Ausgewogenheit dieser Küche auf See.
Zu jedem Lunch frische Salate in fantasievoller und fantastischer Zusam-menstellung. Man sollte jedoch keine Vorliebe für irgendeine der Kreationen entwickeln, denn sie wird sich während des gesamten Bordaufenthaltes nicht wiederholen. Der Chef de Cuisine und sein Team ziehen alle Register und er-zeugen selbst bei den verwöhnten Gau-men Glücksgefühle. Nach wenigen Ta-gen greift jeder bei mindestens einem Dessert zu, was immer auch die Vor-sätze gewesen sein mögen. Denn man hat nicht mehr Angst, dass man etwas verpassen könnte – vielmehr weiß man, dass man etwas verpassen wird.

 

14:30 UHR - Wir entern das Festland

Bald nach dem Lunch ertönt für gewöhnlich die Stimme der Kreuzfahrtdirektorin aus den Lautsprechern, damit auch niemand seinen Tagesausflug verpasst. Schnorchelausrüs-tung, Handtücher und natürlich Wasser stehen allzeit bereit, so dass auch an den schönen Stränden für jede Menge Spaß gesorgt ist. In den ersten Tage lau-fen wir Inselparadiese wie Bequia, Tobago und Grenada an. Die gefürchtete Armada von wolkenkratzerhohen Kreuzfahrtschiffen bleibt zu unser aller Freude völlig aus, da die SEA CLOUD in kleinen malerischen Buch-ten ankern kann. Die Zodiacs bringen uns an Land in kleine Fischerorte oder an herrliche kleine Buchten mit dem für die Karibik typischen smaragdgrü-nen Meeresschimmer. Ebenfalls typisch karibisch ist die Fähigkeit, auf gelassene Art das Leben zu genießen, die wir uns allmählich aneignen. Auf den Inseln gibt es sogar ein eigenes Wort dafür:„to lime“, was so viel bedeutet wie süßes Nichtstun. Besonders schön ist Grenada, geprägt von den sattgrünen Blättern der Muskatbäume, die auf der kleinen An-tilleninsel wachsen wie wild. Wir ler-nen, dass Muskatnüsse eigentlich die Kerne von Baumfrüchten sind, die in Größe und Farbe zunächst an kleine Aprikosen erinnern. Aus dem Fruchtfleisch lässt sich Marmelade kochen, die aber allenfalls in England als Köstlichkeit gilt. Das ist mit dem so genannten Mazis – dem roten Samenmantel, der die Nuss umhüllt – schon anders. Dieses Mazis ist noch wertvoller als die Muskatnuss selbst: Es dient als Gewürz in Suppen und Eintöpfen, vor allem aber ist es ein Bestandteil vieler Wurst-waren bis hin zur bayerischen Weißwurst. Auch sehenswert ist die River Antoine Rum Distillery auf Grenada. Ein süßlicher Duft nach Alkohol und Zuckerrohrsaft schwebt über der Anlage. Die ist einmalig in der Karibik, denn hier wird der Rum noch genau so hergestellt wie vor 200 Jahren. Wer nicht nur die Alkoholdünste einatmen will kann sich die besten Rums auf dem Lidodeck am Abend servieren lassen. Auch zwei der ABC Inseln sind auf unserer Route: Bonaire und Curaçao. Die ABC-Inseln vor der venezolani-schen Küste gelten als die Holländer der Karibik, ihre koloniale Vergangen-heit zeigt sich noch heute in der pas-tellbunten  Architektur. Hier stehen Giebelhäuser neben Dattelpalmen und Restaurants servieren Poffertjes, eine niederländische Gebäckspezialität ebenso wie grünen Kaktus-Likör. Auch unter Wasser ist es farbenfroh: Ihre atemberaubende Artenvielfalt macht die Inselschönheiten zu einem Mekka für Wassersportler. Hier sollten Tau-cher bei Mamikon vorsprechen und ei-nen Tauchgang buchen. An Venezuela geht es in großem Bogen vorbei nach Kolumbien. Die bunte und lebhafte Stadt Cartagena ist eine der eindrucksvollsten Städte Süd-amerikas aufgrund ihres karibischen Flairs und der von einer imposanten Stadtmauer umgebenen kolonialen Altstadt. Fast komplett restauriert präsentieren sich die wunderschönen Gemäuer der mehr als 500 Jahre alten Häuser. Mit Holzbalken verzierte Bal-kone schmücken nahezu jedes Häuschen, die kleinen Gässchen strahlen im karibischen Sonnenlicht. Allein schon die bunten Eingänge und farbigen Gebäude streicheln die Touristen-Seele, verleihen dem Ort ein entspanntes Am-biente. So schön kann Karibik sein! Ein Highlight für jeden Schiffsreisenden ist der Panama Kanal (für Rei-che sind es die Panama Papiere). Wel-chen Stellenwert er hat wird einem klar wenn man mit den vielen Touristen auf der Aussichtsplattform steht. Als der Panamakanal 1914 nach mehr als dreißigjähriger Bauzeit eröffnet wurde, verkürzte er den Seeweg von New York nach Los Angeles um fast 15.000 Kilometer. Seitdem hat auch Panama City einen enormen Aufschwung genommen und ist die einstündige Busfahrt zur anderen Küstenseite Panamas wert. Der Kontrast zwischen hochmodernem Bankenzentrum und liebevoll restaurierten, alten Stadtvierteln macht die Stadt heute zur neuen Trenddestination in Mittelamerika.

 

19:00 UHR - Simon, das Original auf dem Original

Auf einer Kreuzfahrt geht man nicht einfach zum Essen. Nein, bevor man sich zum Dinner begibt ist noch der Champagner-Empfang zu absolvieren. Der Champagner soll dabei für gute Laune, gelockerte Stimmung sorgen, doch dies erscheint auf der Sea Cloud dank ihres Hotelchefs Simon Kwinta überflüssig. Simon ist ein Teil der Sea Cloud und irgendwie kann man sich nach 2 Wochen dieses Schiff gar nicht ohne Simon vorstellen. Seit 30 Jahren ist er auf den Weltmeeren zu Hause, seit 30 Jahren auf der Sea Cloud und keinem anderen Schiff! Simon sorgt für alles – vor allem für gute Laune. Sein Lächeln, sein exzellenter Humor und die tägliche Motivation immer nur das Beste für alle Gäste zu wollen ist mehr als nur sympathisch und machen ihn zu einer außergewöhn-lichen Persönlichkeit an Bord. À ta santé, Simon!

 

20:00 UHR - Dinner for all

Pünktlich um 20 Uhr läutet die Schiffsglocke zum Abendessen im Res-taurant. Hier besteht ein großer Unterschied zur Sea Cloud II, denn während die moderne Variante achtern ein geräumiges Restaurant hat ist es hier das süße kleine romantische Original zwischen den beiden Großmasten. Mittlerweile wurden die Lounge und das Restaurant für die erweiterte Anzahl an Gästen zusammengelegt. Man sitzt an großen Tischen zusammen und zwar nicht nach genauer Tischordnung sondern jeden Abend nach dem schö-nen Zufallsprinzip. Das sorgt im Handumdrehen für schnelles Kennenlernen der Gäste untereinander. Es mag sein, dass ein Paar auf Flitterwochen die intime Atmosphäre eines  Candlelight-Dinners hier nicht erlebt (da ist das Schwesterschiff besser geeignet), dafür sind Charme und Schiffsromantik unglaublich, sorgen jeden Tag für ausgezeichnete Stimmung.

 

Der Abschied

Abschied ist immer bitter. Beson-ders aber, wenn man die Sea Cloud wieder verlassen muss. Alle stehen zur Abfahrt da: Der Captain, die Kreuzfahrtdirektorin, unsere gute Fee, und natürlich Simon. Wenn ich ehrlich bin ist der Abschied von der ganzen Crew, die uns 14 Tage auf Händen getragen hat fast noch schlimmer, denn ich bin mir sicher, nicht nur ich denke mir „Einmal Sea Coud, immer Sea Cloud“. An vielen Abenden haben wir uns unter den Passagieren über mögliche Destinationen für den nächsten Segeltörn unterhalten. Und da gibt es noch einige…und wir alle hoffen, dass dann auch noch die gleichen netten Menschen an Bord sind. Simon bestimmt, der will noch weitere 30 Jahre bleiben.

 

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