Ein ganz anderes Märchen schreibt das kleine Riad AnaYela mitten in der Medina von Marrakech. Diese Geschichte beginnt erst 2007, als man in der Medina ein wunderschönes altes Haus umbaute und in einem kleinen Schmuckkästchen auf Papier geschrieben diese „wahre Geschichte“ fand: Es war einmal... eine wunderschöne Prinzessin namens Yela. Sie lebte in einem Palast und schlich sich jeden Abend wenn alle schliefen auf einen kleinen Turm der Terrasse, legte sich auf einen roten Teppich und schaute zum Sternenhimmel hinauf. Bis eines Nachts ein Nachbarsjunge hinauf kletterte und der Prinzessin ein Geheimnis anvertraute... was kam, war ein Kuss und der Teppich begann zu fliegen... eine Liebesgeschichte mit Happy End. „Kennt man“ würde man nun sagen.
Aber wenn man auf der Dachterrasse des AnaYela bei einem marokkanischen Minztee sitzt wird man Teil des Märchens, denn 2007 haben Bernd und Andrea Kolb diesen Ort der Inspiration eröffnet, dem die Liebeserzählung der Yela zugrunde liegt und in den sie ihre ganze Hingabe gesteckt haben. Die drei Zimmer und zwei Suiten des Riads sind nicht einfach nur charmante Räume, sondern die Kapitel aus dem Leben der Yela. Einen Schlüssel sucht man vergebens, die „Kapitel“ sind lediglich durch weiße Vorhänge vom Patio getrennt. Gemalt von einem der berühmtesten Kalligraphen Marokkos, wurde die Geschichte in Silber auf die großen Türen geschlagen, die wie Buchseiten chronologisch durch das Haus führen. Jedes einzelne Möbelstück, jede Lampe, alle Dekorationsobjekte bis hin zum Geschirr wurden von Bernd Kolb und Yannick Hervy entworfen und einzeln von marokkanischen Kunsthandwerkern in Handarbeit angefertigt.
Aber beginnen wir mit dem „Märchen des Gastes“ am Anfang: Kurz hinter dem Stadttor zum Eingang der Medina trifft man Daniel den Hotelmanager. Während das Gepäck auf einen Eselkarren verladen wird geht man zu Fuß durch die engen Gassen, vorbei an Werkstädten, Läden und spielenden Kindern immer tiefer in die quirlige Welt der Medina. Völlig ver- gebens versucht man sich den Weg zu merken bis man vor einem unscheinbaren Holztor steht, nicht ahnend welche Oase sich dahinter verbirgt. Brav zieht man in dem kleinen Vorraum die Schuhe aus und streift sich die von Daniel überreichten Pantoffeln über. Noch zwei Schritte und – Wow! – der zweistöckige Patio trifft mitten ins Herz. Der Duft von Rosen und Lilien liegt in der Luft und verdrängt ganz sanft die noch in der Nase vorherrschende Mischung des Souks aus Koriander, Safran und Arganöl. Völlig benommen durchstreift man die Stockwerke bis hinauf zur Dachterrasse, stapft noch ein paar Stufen auf den Turm und lässt sich auf dem roten „fliegenden Teppich“ nieder. Von einem der höchsten Punkte in der Medina bietet sich ein betörender Blick über deren Häuser, Gassen und Minarette. Der leichte warme Wind spielt mit den kleinen Flammen der unzähligen Kerzen und die unglaubliche Ruhe im Vergleich zum turbulenten Leben weiter unten wird nur kurz durch den Ruf des Muezzin durchbrochen. Ja! Es ist die perfekte Kulisse für eine Liebesgeschichte. Die mit Yela bleibt wohl dem Nachbarsjungen einzig und alleine vorbehalten, aber ihr Märchen mit AnaYela beginnt an gleicher Stelle: auf dem roten fliegenden Teppich. Nur für den Kuss müssen Sie selber sorgen und wenn es Ihr erster ist – wer weiß – vielleicht fliegt auch der Teppich...