entspannt
Kreativ-Szene und Laid back-Atmosphäre - Amsterdams Mischung ist unwiderstehlich. Also erstmal einen Gang zurück schalten, wenn man in die Hauptstadt der Niederlande reist. Obwohl das garantiert nicht für die Zigtausende von Radlern gilt, die Tag für Tag die Stadt durchpflügen. Und zwar im rasanten Tempo, so dass man sich in den engen Gassen und entlang der Grachten oft nur mit einem beherzten Sprung zur Seite in Sicherheit bringen kann. Neben den Grachten prägen die Radfahrer das Stadtbild. Es gibt mehr Fahrräder als die 800.000 Bewohner. Mehr als 50 Prozent aller Wege werden auf zwei Rädern zurückgelegt. Es gibt mehr Kanäle als in Venedig, Amsterdam hat die höchste Museumsdichte Europas. So viele Superlative. Dabei mögen es die Holländer eher egalitär. Keiner soll die Nase zu hoch in die Luft strecken. „Bleib du mal auf dem Boden", ist eine häufig gebrauchte Redewendung. Auch die Fahrräder sollen möglichst gleich aussehen. Nichts ist von den aufgestylten Flitzern zu sehen, die in Deutschlands Großstädten das Fahrradfahren cool machen sollen. Egal, ob der Broker, der Metzger oder das Supermodel auf dem Sattel sitzt: es handelt sich um ein schweres behäbiges Hollandrad in Schwarz mit Schrammen und gerne ein wenig schmutzig, zu unterscheiden allenfalls an den aufmontierten Körben und Kästen, mit denen Lasten transportiert werden.
Amsterdamer gelten als locker, fröhlich, offen, ihre Toleranz als vorbildlich. Das zeigt sich in den Coffee-Shops, in denen nach wie vor gekifft werden darf, genauso wie im selbstverständlich akzeptierten Rotlichtbezirk mitten in der Stadt. Vor allem aber in der multikulturellen Community mit nicht weniger als 178 unterschiedlichen Nationalitäten. Ein idealer Nährboden für eine kreative junge Kunstszene, die jenseits des Flusses IJ auf dem Gelände einer aufgelassenen Werft ihre Ateliers hat. Nach den Künstlern haben trendige Wirtschaftsunternehmen das Areal in Amsterdam Noord für sich entdeckt, residieren in ehemaligen Fabriken und Hallen. Cafés, Restaurants und Event-Locations direkt am Wasser machen das Gelände für einen Bummel attraktiv. Cooler Hotspot ist das Pllek direkt am Wasser nicht weit von der NDSM-Werft, konstruiert aus ehemaligen Schiff-Containern.
Die etablierte Kunstszene findet sich am Museumplein im Oud-Zuid. Mit einem unvergleichlichen Kraftakt, der zehn Jahre dauernden Restauration des Rijksmuseum, dem Umbau des Van Gogh-Museums und dem avantgardistischen Anbau des Stedelijk hat das Areal eine attraktive Aufwertung erfahren. Unschwer an den langen Warteschlangen Kunstinteressierter zu erkennen. Was man nicht unbedingt auf dem Radar hat: Amsterdam ist auch Design-Hauptstadt. Dutch-Design kommt verspielter, leichter daher als das skandinavische Vorbild. Marcel Wanders Moooi im angesagten Jordaan-Viertel und Droog an der Staalstraat sind die bekanntesten Anlaufstellen. Selbst das Essen kann zur Kunstperformance werden: im Culinaire Werkplaats im Kreativviertel rund um die Westergasfabriek.
Amsterdam hat in den letzten Jahren einen bemerkenswerten Besucher-Aufschwung erlebt. Nur: ein zweites Venedig werden, das wollen die Bewohner an der Amstel definitiv nicht. Noch wohnen Familien mit Kindern neben Studenten und Handwerkern in den Grachtenhäusern, noch kann man in der Altstadt zu vernünftigen Preisen für das tägliche Leben einkaufen. Eine Authentizität, die man als Besucher spürt, an der man teilhat, wenn man zu Fuß durch die Kopfsteinpflaster-Sträßchen entlang der Grachten schlendert, mit dem Fahrrad die Altstadt durchkreuzt oder hinterm Bahnhof, der übrigens vom selben Architekten erbaut wurde, der auch das Rijksmuseum entworfen hat, nämlich Pierre Cuypers, die Fähre nimmt und auf der Terrasse vom neugebauten Eye Museum einen Kaffee trinkt und in die Sonne blinzelt.