Die neue Leichtigkeit
München ist schön. Und im Sommer ist es Noch ein bisschen schöner. Kaum lässt sich die Sonne blicken, verlagert sich das Leben nach draußen, in die Straßencafés, die Biergärten, an die Isar. Im Englischen Garten in der Sonne liegen, ein Espresso auf der Theatinerstraße, ein Picknick-Lunch am Isarstrand, oder doch in der Mittagspause eine erfrischende Maß auf dem Viktualienmarkt? A bisserl was geht immer. Selbst an einem hundsgewöhnlichen Werktag. So viel unbeschwerte fröhliche Lebhaftigkeit gibt’s auf den Plätzen, in den Straßen, auf den Märkten, dass internationale Besucher verwundert fragen, welcher Festtag denn heute gefeiert werde. Das Stadtbild hat sich verändert in den letzten Jahren, viel mehr als die Münchner selbst es wahrnehmen. Neben den höfischen Bauten der Residenzstadt mit ihren Prachtstraßen und italienisch anmutenden Plätzen haben Shopping-Quartiere wie die Fünf Höfe, die Maximilanhöfe oder die gerade eröffnete Hofstatt auf dem Areal des Süddeutschen Verlags eine urbane Weitläufigkeit gebracht. Außerordentlich gute moderne Architektur wie die BMW Welt oder die Allianz Arena, die an den Spieltagen am Horizont in den Vereinsfarben des FC Bayern leuchtet, ist aus dem Stadtbild nicht mehr wegzudenken. Ein Glücksfall im Herzen der Altstadt ist das Jüdische Zentrum am Jakobsplatz mit seiner strengen konzentrierten Architektur.
Selbst der Untergrund wird herausgeputzt. Das lange vernachlässigte Stachus-Untergeschoss zeigt sich neuerdings als lebhafte Shopping-Mall, im Bahnhof und unter dem Marienplatz wird überall gewerkelt, verglast, poliert. Neben der viel beschworenen Gemütlichkeit, die ja auch ein wenig behäbig daherkommen kann, ist eine neue Leichtigkeit eingezogen. Dafür steht eine Generation von Kreativen, die Bars und Restaurants eröffnen oder coole Läden. Innenarchitekten, die Clubs, Grafikdesigner, die Klamotten-Shops betreiben. Die bayerische Landeshauptstadt ist zu einer Hochburg modernen Designs geworden. Die Neue Sammlung in der Pinakothek der Moderne gilt als weltweit bedeutendste Ausstellung von Industriedesign. International renommierte Designer wie Konstantin Grcic oder Stefan Diez leben an der Isar, weil sie gute Arbeitsbedingungen vorfinden, auch hervorragende Handwerker, die fähig sind, ihre Entwürfe zu realisieren. Tradition trifft auf Innovation. Wie in der Porzellanmanufaktur Nymphenburg, wo noch mit jahrhundertealten Techniken gearbeitet wird und zeitgenössische Künstler mit ihren Entwürfen und Installationen für Furore sorgen.
Die Gemütlichkeit gehört selbstverständlich dazu zum ur-münchnerischen Lebensgefühl und findet sich allenthalben. In den Biergärten, den großen Brauereigaststätten, dem Viktualienmarkt und auf dem Oktoberfest. Ja, auch dort. Bei diesem großen globalisierten Rausch, wo Australier neben Chinesen neben Italienern auf den Bänken und Tischen tanzen. Da muss man nur zur Mittagswiesn in einem der reich geschmückten Zelte einen Steckerlfisch essen und eine frisch gezapfte Wiesn-Maß trinken.
Und wo gibt es einen wilden Gebirgsfluss, der mitten durch die Stadt fließt, auf dessen Kiesstränden Feriengefühl zum Nulltarif zu haben ist? Die Renaturierung der Isar hat den Münchnern und ihren Gästen einen viel bewunderten Natur-Erlebnis-Raum geschenkt, der Hochwasserschutz und vergnügliches Sonnen, Sporteln und Baden in Einklang bringt. Rund um den Gärtnerplatz wird an Sommerabenden gefeiert, im Diana Tempel Tango getanzt, im Kunstareal werden die Pinakotheken mit ihren bedeutenden Sammlungen an den Ein-Euro-Sonntagen zur Event-Location. München ist große Oper während der Festspiele im Juli, wenn große Inszenierungen mit ebenso großartigen Roben konkurrieren. Und Oper für alle, wenn die Festspiel-Premiere live – und kostenlos – auf den Max-Joseph-Platz übertragen wird.
Wer auf der Suche nach einem besonderen Ort ist, der besucht den Kabinettsgarten bei der Allerheiligen-Hofkirche, ein Schmuckstück und ein hübsches kleines Versteck, verliert sich im Labyrinth der ineinander verschachtelten Höfe der Residenz, setzt sich am Königsplatz auf die von der Sonne erwärmten Stufen der Glyptothek, fährt mit der Tram nach Schloss Nymphenburg, in dessen Park sich überall verwunschene Plätze zum Ausruhen und Träumen finden lassen, macht einen Spaziergang entlang des Glockenbachs, bevor er schaut, was es rundherum in den kleinen kreativen Läden des angesagten Viertels zu entdecken gibt.
Schlendert zwischen Tal und Maximilianstraße durch die mittelalterlichen Sträßchen, stößt in der Neuturmstraße auf japanische Design-Kostbarkeiten oder begibt sich auf eine kleine Zeitreise und stattet dem nostalgischen Mühlenladen einen Besuch ab. München als Kunststadt erleben, da muss man nur am Prinzregentenplatz in die Museumslinie, den 100er Bus, einsteigen, der über die Prinzregentenstraße vorbei an der Galerie Schack, dem Bayerischen Nationalmuseum, schließlich zum Kunstareal fährt, wo er am Museum Brandhorst und der Neuen Pinakothek hält. Wir schlagen vor, noch zwei Haltestellen weiterzufahren, am Königsplatz auszusteigen und die paar Schritte zum Lenbachhaus zu laufen, das seit seiner Wiedereröffnung im letzten Jahr zu einem Ort geworden ist, an dem sich das Leben ein bisschen leichter anfühlt: auf der Restaurant-Terrasse des Ella ein Glas kühlen Weißwein trinken und in den Blick auf die Propyläen versinken.